
7 days ago
NEUAUFNAHME: Joseph Goebbels‘ „Michael“ – Bildungsroman eines gescheiterten Künstlers (Folge 269)
Hinweis: Aufgrund unzureichender Tonqualität in der ursprünglichen Aufnahme wurde dieser Beitrag neu eingespielt.
Joseph Goebbels – von dem Historiker Joachim C. Fest als „das Gehirn der Manipulation der Seelen“ und als „eine der wenigen echten Potenzen im Führungsapparat der Bewegung“ charakterisiert – zählt zu den zentralen Figuren des Nationalsozialismus. Doch hinter der öffentlichen Rolle als Propagandaminister verbarg sich ein innerlich zerrissener Mensch: ein gescheiterter Künstler, geplagt von körperlicher Behinderung, tiefem Selbstzweifel und der rastlosen Suche nach Identität und Anerkennung.
Geboren im Rheinland als Sohn einer streng katholischen Arbeiterfamilie, durchlebte Goebbels eine Jugend voller Spannungen zwischen religiöser Prägung und intellektuellem Ehrgeiz. Die nationalsozialistische Bewegung, die ihn zunächst als körperlich wie geistig ungeeignet abtat, erschien ihm schließlich als Ort der Erlösung – ein verhängnisvoller Irrglaube, der sein Leben und das Millionen anderer zerstören sollte.
Sein literarisches Projekt „Michael. Ein deutsches Schicksal in Tagebuchblättern“, 1929 im Franz-Eher-Verlag erschienen, sollte der Welt seine künstlerische Berufung beweisen. Goebbels verstand das Werk als Ausdruck innerer Hingabe – ein „Denkmal deutscher Inbrunst“, wie er es selbst formulierte. Doch in Wahrheit offenbart der autobiografisch gefärbte Roman vor allem eines: das Weltbild eines Mannes, der sich und andere der Ideologie opfert, die ihm Halt zu geben scheint.
In seinem Tagebuch notierte Goebbels im Februar 1924 mit Pathos: „Mein Roman in Tagebuchblättern bekommt Linie und Farben. Blut strömt hinein; es ist ein Augenblick der schöpferischen Geburt in mir. Dostojewski fungiert als Geburtshelfer. Goethe [hält] mit seinem ‚Werther‘ formale Patenschaft.“ Doch trotz solcher literarischer Anleihen bleibt der Zweifel allgegenwärtig: „Die ersten Seiten sind die schwierigsten. Man muß den Ton finden, den Duft, den Hauch: den Stil.“ Und am Ende des Schreibprozesses steht eine resignative Bilanz: „Ich bin wohl zufrieden mit dieser Geschichte. Aber doch bin ich froh, daß ich sie hinter mich gebracht habe. Ich werde nie zu Frieden kommen!“
So zeigt sich in „Michael“ nicht nur der Wunsch eines Mannes, sich als Künstler zu verwirklichen, sondern auch der innere Abgrund, aus dem seine radikale Weltanschauung erwächst.
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